Wer sich oft und intensiv ehrenamtlich engagiert, kennt vielleicht die Frage „warum tust du dir das an, ohne Bezahlung zu arbeiten?“ Oder auch diejenigen, die sich in Netzwerken aller Art mit ihren Kompetenzen einbringen, ohne für jeden Handschlag eine Rechnung zu schreiben. Besonders diejenigen, die in der Social Media Welt unterwegs sind, geraten da oft in Erklärungsnöte. Auf der einen Seite stellen sie ihr Wissen kostenlos zur Verfügung, wie ich hier in meinem Blog. Andererseits wollen sie aber mit diesem Wissen ihren Lebensunterhalt verdienen. Mit dem Projekt #digiheads habe ich endlich ein Antwort auf diese Fragen erhalten.

Das bei zuviel ehrenamtlichem Engagement einiges auf der Strecke bleiben kann, davon kann ich tatsächlich ein Lied singen. Genau das werde ich jetzt auch einfach mal anträllern, allerdings nicht um zu wehklagen, sondern um deutlich zu machen, was ich warum durch das Projekt digiheads gelernt habe. Vielleicht beantwortet sich damit auch gleich mal eine andere häufig gehörte Frage. „Was ist das denn mit diesen #digiheads überhaupt?“

Kostenlos heißt nicht umsonst, es gibt viele unterschiedliche Zahlungsmittel

Währung Aufmerksamkeit/Wählerstimmen: Es gibt ja viele Bereiche, in denen sich Menschen die neben ihrem Broterwerb etwas machen wollen ehrenamtlich engagieren können. Ich bin in der Kommunalpolitik. Ja, Politiker in den kommunalen Parlamenten sind Ehrenamtler! Doch tatsächlich ist es längst keine „Frage der Ehre“ mehr, sich kommunalpolitisch zu engagieren. Die Zeiten, wo die Mitglieder von Gemeinderat und Kreistag, mit Achtung und Respekt behandelt wurden, sind schon lange vorbei. Doch genau diese Aufmerksamkeit, diese Achtung war für viele ein Teil des Lohnes für ihre Arbeit. Ich selber will Dinge ändern, die mich geärgert haben und mag mich nicht über Ärgernisse beklagen, wenn ich Einfluss darauf nehmen kann. Es ist mir wichtig, was ich dort mache und im Laufe der Jahre die ich jetzt Ratsfrau und Kreistagsabgeordnete bin, habe ich auch schon einiges bewegen können. Dafür investiere ich nicht nur meine Freizeit, sondern auch viele Stunden, in denen ich mich normaler Weise um mein Geschäft kümmern sollte. Jedes Mal wenn ich dann von irgendeiner Seite wieder mal angepöbelt werde, weil den einen etwas nicht schnell genug verändert wurde, oder anderen sowieso nicht passt was ich mache, weil sie auf der politisch anderen Seite stehen, denke ich „warum tue ich mir das überhaupt an?“. Des Geldes wegen? Kann nicht, gibt ja keines. Der Anerkennung wegen? Tja… Pustekuchen, jedesmal wenn ich mal wieder was geschafft habe, was mir hätte Anerkennung bringen können, war bis jetzt immer schnell jemand zur Stelle, der sich die Lorbeeren umgehängt hat. Aber ok, mir geht es ja auch um die Sache. Mein Lohn ist also, etwas geschafft zu haben, das muss genügen. Doch was passiert am nächsten Wahltag? Erhalte ich da genügend Wählerstimmen, um in den Themen die mir wichtig sind weiter zu ändern was mich ärgert?

Währung Empfehlungen: Im Gewerbe- und Verkehrsverein [GVS] hier in Scheeßel bin ich die dritte Vorsitzende. Wohl in jedem Ort gibt es Netzwerke von lokal engagierten Unternehmern. Unsere hier in Scheeßel haben in ihrer Freizeit schon einige tolle Aktionen auf die Beine gestellt. Bis vor einigen Jahren hat davon aber kaum einer etwas mitbekommen. Die Öffentlichkeitsarbeit des GVS war nicht nur übel, sondern hat kaum stattgefunden. Eine Website die eingestaubt und ungepflegt im Internet herum dümpelte und zu den Events mal eine Seite in den den Lokalblättchen, dass war es dann aber auch schon. Die zuständige Agentur hat nur auf Zuruf irgendwas bearbeitet und entsprechende Rechnungen erstellt. Ein Verein mit vergleichsweise kleinem Beitrag stößt da auch wirtschaftlich schnell an Grenzen. Ich habe also ehrenamtlich die Öffentlichkeitsarbeit übernommen. Die Internet-Präsenzen wurden komplett neu aufgesetzt, Facebook und Twitter sind dazu gekommen. Auch die Lokalblättchen bekommen jetzt regelmäßig Pressemitteilungen und der monatliche Stammtisch wird durch mich aktiv beworben. Der GVS ist damit deutlich bekannter geworden und vor allem, hat er sein verstaubtes Image verloren. Was aber noch viel wichtiger ist, die Mitgliedsbetriebe des GVS bekommen deutlich mehr Aufmerksamkeit, sie werden sehr viel besser wahrgenommen. Alle haben also einen Nutzen von meinem kostenlosen Engagement. Alle?!? Na ja, nicht ganz. Mein Gedanke war ja, in einem guten Netzwerk werden kostenlos erbrachte Dienstleistungen mit der Währung Empfehlungen, also bezahlten Folgeaufträgen honoriert. Leider ist aber bisher für mich kein bezahlter Job dabei herausgekommen, da die Agentur die früher zuständig war diese Aufträge bekommt… Ok, dieses Zahlungsmittel scheint also nicht besonders empfehlenswert, wenn das Netzwerk nicht wirklich funktioniert 😉

Währung Fun:  Wenn etwas einfach wirklich Spaß macht, dann steigert das ja erheblich die Lebensqualität. Der Funfactor ist daher ja auch als Währung für ehrenamtliches Engagement sehr wichtig. Einfach weil ich Spaß an tollen Festivals habe und gerne Veranstaltungen organisiere, habe ich mit zwei weiteren Festival Fans den Heimat-Festival e. V. gegründet. Die Idee fürs Heimat-Festival entstand, weil wir hier in Scheeßel zwar ein riesen Festival haben, die Scheeßeler selber dabei aber irgendwie nicht mitwirken können. Wir haben aber tolle Musiker hier. Auch für die kulinarischen Highlights eines Festivals sind wir in unserer Region sehr gut ausgestattet. Sogar die Sponsoren ohne die so ein Event ja gar nicht möglich wäre, sind in Scheeßel begeistert dabei.  Am 09.05.2015 findet das Heimat-Festival bereits das zweite Mal statt und unsere 1.000 Tickets sind schon wieder beinahe ausverkauft. Es scheint also, dass mit ausreichend Spaß sehr viel mehr gelingt, auch wenn es finanziell eher Verluste bringt, denn auch in die Festival Orga sind natürlich viele Stunden geflossen, die normalerweise dem Geschäft gehören. Wenn aber am Festival Abend alle Spaß haben, dann gleicht das einfach alles aus. Fun ist also ein wirklich wichtiges Zahlungsmittel!

digiheads oder alle Währungen außer Bargeld: Jetzt komme ich dann auch endlich auf die digiheads denn dort habe ich festgestellt, dass es eben doch noch Netzwerker gibt, die Sinn und Zweck eines guten Netzwerks nicht in Eurobeträgen messen. Als mir im Januar diesen Jahres auf Facebook ein Post ins Auge fiel, in dem Sandra Schink fragte, wer denn Lust hätte bei einem ungewöhnlichen Fotoprojekt mitzumachen, habe ich nur aus Neugierde „hier“ gerufen. Was dann aber tatsächlich daraus wurde, lässt sich heute kaum beschreiben, weil es deutlich mehr als einfach nur „ungewöhnlich“ ist. Die coolen Köpfe waren schnell gefunden. Ohne Plan oder irgend einem „What´s in it for me“ Versprechen, hatten sich elf Ladys aus ganz Deutschland innerhalb weniger Stunden in der Facebook Gruppe versammelt die Sandra spontan eingerichtet hat. Die Idee ein eigenes Projekt auf die Beine zu stellen, bei dem alle ihre unterschiedlichen Kompetenzen zusammen tragen und am Ende dafür ungewöhnliche Fotos bekommen, hatte ausgereicht als Motivation. Ich habe da zum ersten mal von dem Prinzip TfB gehört. TfB steht für Time for Buzz und beschreibt die Zahlungsmethode „Zeit gegen Aufmerksamkeit“. Genauer erklärt wird das hier. Die Überschrift dieses Projektes war von Anfang an „Die Menschen hinter den Buzzwords“ und was Buzzwords sind, erklärt sich dem nicht gar so digital affinen Menschen schnell, wenn doch Buzz Aufmerksamkeit bedeutet. Ja, Buzzwords sind Wörter, die im Internet für Aufmerksamkeit sorgen. Alle #digiheads haben gemeinsam, dass sie in ihrer Arbeit die Aufmerksamkeit auf Themen, Produkte, Unternehmen oder Personen lenken. Ob als Kommunikationsberaterin, Fotografin, Designerin und einigem anderen mehr, nutzen alle Digiheads dafür das Internet. Vor allem sind wir alle bei unserer Arbeit normaler Weise nahezu unsichtbar. Unsere Aufgabe ist es ja, die Aufmerksamkeit auf anderes zu lenken, nicht auf uns. Genau deshalb sind bei diesem Projekt auch die Menschen hinter den Fotos so wichtig und prominent präsentiert. Denn genau darum geht es bei den Digiheads, um die Währung Aufmerksamkeit. Mit diesem Projekt empfehlen wir uns gegenseitig für die Aufgaben, die eben zu einem funktionierenden digitalen Projekt gehören. Die meisten Digiheads sind Freiberufler. Wenn wir also einen großen Auftrag bekommen, müssen wir all die Kompetenzen, die eine Agentur unter einem Dach vereint, aus unseren Netzwerken zusammen tragen. Jetzt brauche ich nicht mehr kreuz und quer durch die digitale Welt zu suchen, um zu wissen, mit wem ich welchen Projekt Teil am besten umsetzen kann. Die Währung Empfehlungen funktioniert hier also automatisch. Da ja von vornherein klar gewesen ist, dass keine der Beteiligten Lust hat, auf nullachtfünfzehn Business Fotos und weil es ja um die Perönlichkeiten nicht nur um die Person gehen sollte, haben wir uns überlegt, was uns ausmacht. Einige aus unserer Runde haben da im Laufe des Projektes tatsächlich nicht nur über die anderen im Team, sondern auch über sich selber einiges entdeckt. Wie unterschiedlich doch Fremd- und Eigenwahrnehmung funktionieren. Eine für mich ganz neue Währung war daher auch der Teamspirit durch den dann auch mein Digiheads Profil entstanden ist. Was für uns alle tatsächlich im Laufe der nur zwei Monate die es gebraucht hat, das ganze Projekt offiziell zu präsentieren die größte Motivation war… die Währung Fun! Wie viel Spaß wir hatten (und immer noch haben) ist mit dem Making Of Video von Sandra Martin vielleicht zu erahnen:

Wer jetzt denkt: „och… irgendwie gefällt mir dieses Zahlungssystem und so gesehen bin ich doch auch ein digihead“ dann lies doch einfach mal hier wie das funktioniert.

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